Das Bußgeldverfahren gliedert sich immer in drei Abschnitte:
Ermittlung & Bußgeldbescheid
Im ersten Schritt ermittelt die Verwaltungsbehörde den Verstoß und ahndet ihn mit dem Bußgeldbescheid
Zwischenverfahren
Das Zwischenverfahren ist der zweite Schritt, in dem die Verwaltungsbehörde über den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid entscheidet. Kommt die Verwaltungsbehörde zu dem Entschluss, dass dem Einspruch nicht stattgegeben wird, gibt sie den Vorgang dann an die Staatsanwaltschaft ab
Gerichtliches Verfahren
Das gerichtliche Verfahren ist schließlich der dritte Abschnitt. Hier entscheidet in erster Instanz das Amtsgericht und bei Rechtsbeschwerden das Oberlandesgericht über den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid
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Beantwortung der 14 wichtigsten Fragen im Bußgeldverfahren
Wir informieren Sie über den Ablauf, Kosten und realistische Erfolgsaussichten eines Bußgeldverfahrens. Die nachfolgende Übersicht beantwortet Ihre wichtigsten Fragen im Bußgeldverfahren.
Bei Verstößen im fließenden Verkehr ist grundsätzlich der Fahrzeugführer und nicht der Fahrzeughalter die beschuldigte Person im Ordnungswidrigkeiten-verfahren. Dabei dient die Anhörung dazu, den Fahrer des Fahrzeuges zu ermitteln.
Die Anhörung des Betroffenen kann durch die Polizei, zum Beispiel bei einem Verkehrsunfall oder einer Geschwindigkeitsmessung, unter Zuhilfenahme einer Laserkanone durchgeführt werden.
In der Regel bekommt der Fahrzeughalter die Post, da dieser recht einfach über das Kennzeichen des Fahrzeugs ermittelt werden kann. Der eigentliche Tatvorwurf wird dem Fahrzeughalter im Anhörungsbogen mitgeteilt. Nun gibt es die Möglichkeit, sich zum Tatvorwurf sowie der Fahrereigenschaft zu äußern. Es besteht ein Aussageverweigerungsrecht gegenüber sich selbst und Familienangehörigen.
Ist es nicht möglich, den Fahrer des Fahrzeugs über eine Anhörung des Fahrzeughalters zu ermitteln, gleicht die Bußgeldbehörde das Blitzerfoto über das Einwohnermeldeamt mit dem Personalausweis ab. Sollte dies auch nicht zum Erfolg führen, kommt es in den meisten Fällen zu einer Fahrerermittlung durch die Verwaltungsbehörde oder der Polizei.
Die Bußgeldbehörde hat drei Monate nach der Tat Zeit, dem Fahrzeugführer eine Anhörung zuzusenden. Erfolgt dies nicht, tritt die Verjährung ein und der Verstoß kann nicht mehr geahndet werden.
Konnte bei der Anhörung des Fahrzeughalters der verantwortliche Fahrzeugführer nicht festgestellt werden oder bestehen Zweifel an der Richtigkeit seiner Aussage, kann es zu einer Fahrerermittlung durch die Polizei oder der Verwaltungsbehörde kommen.
In der Regel wird dann die Wohnanschrift des Fahrzeughalters aufgesucht und die unter dieser Adresse wohnenden Personen erneut befragt. Auch in diesem Fall besteht ein Aussageverweigerungsrecht für alle Personen, welche mit dem zum Tatzeitpunkt verantwortlichen Fahrzeugführer verwandt sind. Anschließend wird die Ermittlungsbehörde im Umfeld des Fahrzeughalters versuchen, den Fahrzeugführer zu ermitteln. Dabei können auch die Nachbarn befragt oder erneut das Einwohnermeldeamt einbezogen werden, um Personen aus dem näheren Umfeld zu ermitteln.
Diese Fahrerermittlungen führen nicht zu einer Verlängerung der Verjährung, die Verwaltungsbehörde hat weiterhin nur drei Monate Zeit den zum Tatzeitpunkt verantwortlichen Fahrzeugführer anzuhören.
Kann der Fahrzeugführer nicht ermittelt werden, wird das Verfahren nach drei Monaten nach dem Tattag eingestellt. Anschließend kann die Verwaltungsbehörde eine Fahrtenbuchauflage gegen die Fahrzeughalter anordnen.
Wenn man als Fahrzeughalter von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch oder keine Angaben gemacht hat, kann die Verwaltungsbehörde eine Fahrtenbuchauflage anordnen.
Eine Fahrtenbuchauflage ist in der Regel nur dann rechtens, wenn zwei Wochen zwischen dem Verkehrsverstoß und der ersten Anhörung liegen.
In diesem Fall geht die Gesetzgebung davon aus, dass der Fahrzeughalter sich in diesem Zeitraum noch daran erinnern zu kann, wer mit seinem Auto oder Motorrad gefahren ist.
Je nach Schwere und Anzahl der Verstöße kann das Führen eines Fahrtenbuchs zwischen sechs und 24 Monaten angeordnet werden. Weiterhin verlangt die Verwaltungsbehörde bei der Anordnung der Fahrtenbuchauflage Gebühren, welche der Fahrzeughalter zu tragen hat.
Wenn die Behörde einen Bußgeldbescheid erlässt und der Betroffene damit nicht einverstanden ist, hat er das Recht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch einzulegen. Danach prüft die die Verwaltungsbehörde, ob der Einspruch form- und fristgerecht eingegangen ist und die Behörde den Bußgeldbescheid aufrechterhält oder zurücknimmt.
Erlässt die Verwaltungsbehörde einen Bußgeldbescheid, fallen zusätzlich zu der im Bußgeldkatalog festgelegten Strafe 25 Euro Verwaltungsgebühren und 3,50 Euro für die Zustellung des Bußgeldbescheides an.
Im Bußgeldkatalog sind die anzuwendenden Strafen im Bußgeldverfahren festgelegt, diese können jedoch unter bestimmten Voraussetzungen von den Verwaltungsbehörden erhöht werden.
Kann dem Führer des Fahrzeuges eine vorsätzliche Handlung nachgewiesen werden, so kann nach § 3 Abs. 4a BKatV das Bußgeld ab einer regulären Strafe von 55 Euro verdoppelt werden. Eine vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung kann laut aktueller Rechtsprechung bereits ab einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 40 % vorliegen.
Weiterhin ist in § 3 Abs. 1 BKatV geregelt, dass Voreintragungen im Verkehrszentralregister des betroffenen Fahrzeugführers zu einer Erhöhung der Regelgeldbuße führen.
Eine Erhöhung der Geldbuße kann auch bei Ersttätern erfolgen, wenn bei der Tat zusätzlich eine Gefährdung, Behinderung oder Sachbeschädigung festgestellt wird.
Die Verwaltungsbehörde gewährt dem Betroffenen auf Antrag Einsicht in die Akten und in die Rohmessdaten. Die Kosten dafür betragen 12 Euro. Diese Daten benötigt ein Sachverständiger oder Rechtanwalt zur Prüfung des Vorgangs.
Folgende Einspruchsgründe können bei einer fehlerhaften Messung vorliegen:
- Beschilderung nicht ausreichend
- Fahrerfoto zu schlecht
- Sie sind nicht die Person auf dem Foto
- Nicht ans standardisierte Messverfahren gehalten
- Messwert ist nicht plausibel
- Die Verfolgungsverjährung ist bereits eingetreten
- Es wurde sich nicht an die Bedienungsanleitung gehalten
- Fehler bezüglich der Messstelle oder der Uhrzeit im Bußgeldbescheid
Bei einem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ist eine individuelle Beurteilung des Messvorgans sowie aller in der Akte befindlichen Unterlagen nötig, um eine detaillierte Einspruchsbegründung an die Verwaltungsbehörde zu übersenden.
Die Verwaltungsbehörde oder das zuständige Amtsgericht kann gegen eine Erhöhung der Geldbuße vom Fahrverbot absehen. Dabei müssen die persönlichen Folgen eines Fahrverbots für den Betroffenen besonders schwerwiegend sein. Das Absehen vom Fahrverbot obliegt allein dem Ermessen der Verwaltungsbehörde oder dem zuständigen Richter. Aus diesem Grund raten wir dazu, diesen Antrag unter Zuhilfenahme eines Rechtsanwaltes zu stellen, um die Erfolgsaussichten zu erhöhen.
In der Regel hält die Behörde den Bußgeldbescheid aufrecht und schickt die Bußgeldakte an die zuständige Staatsanwaltschaft, die ihrerseits eine eigene Prüfung der Sache durchführt. Normalerweise ändert die Staatsanwaltschaft die Meinung der Behörde nicht und es bleibt bei der Aufrechterhaltung des Bußgeldbescheids, so dass die Akte dem zuständigen Amtsgericht vorgelegt wird. Nun prüft das Amtsgericht seine Zuständigkeit und die Zulässigkeit des Einspruchs. Wenn das Gericht dazu kommt, dass der Einspruch zulässig ist und ein hinreichender Tatverdacht gegeben ist, kommt es zum Hauptverfahren.
Die Gerichtskosten betragen zehn Prozent der Bußgeldsumme, mindestens jedoch 55 Euro. Kommt es zu einer Einstellung des Verfahrens, trägt die Staatskasse alle Kosten des Verfahrens.
Geht es um einen gravierenden Verstoß oder um schwerwiegende Folgen für den Betroffenen, sollte ein Sachverständiger den Messvorgang überprüfen. In der Regel werden Gutachten zu Richtigkeits- und Plausibilitätsprüfung von Geschwindigkeits- und Abstandsmessungen sowie Rotlichtverstößen erstellt. Darüber hinaus ist die Erstattung von Gutachten zur Wahrnehmbarkeit von Verkehrszeichen bei speziellen Verkehrssituationen möglich.
Die Kosten für einen Anwalt im Bußgeldverfahren betragen in der Regel zwischen 600 bis 800 Euro und werden normalerweise von der Rechtsschutzversicherung übernommen. Kommt es zu einer Einstellung des Verfahrens, trägt die Staatskasse alle Kosten des Verfahrens.
Etwa bei 20 Prozent der Anhörungen im Ordnungswidrigkeitenverfahren kommt es unter Zuhilfenahme eines Rechtsanwalts nicht zu einem Bußgeldbescheid, da die Verwaltungsbehörde nach der ersten Anhörung nur drei Monate Zeit hat, um einen solchen Bescheid zu erlassen. Es kann vorkommen, dass die Zeit nicht ausgereicht hat, um den Fahrzeugführer zu ermitteln oder die Bildqualität nicht genügt, um einen Fahrer einwandfrei zu identifizieren.
Ist ein Bußgeldbescheid bereits erlassen, liegen die realistischen Erfolgsaussichten für eine Einstellung des Verfahrens oder für eine erheblich verminderte Strafe aus unserer Sicht bei etwa 15 bis 20 Prozent.
Auf Versicherungsplattformen tauchen immer wieder Aussagen wie „etwa 60 % aller Bußgeldbescheide sind fehlerhaft“ auf. Dazu sollten Sie wissen, dass bestimmte Fehler im Bußgeldverfahren sich noch korrigieren lassen und nicht jeder Fehler zu einer Einstellung des Verfahrens oder zu einer drastischen Verringerung der Strafe führt.
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